Nach dem jüngsten Börsenbeben infolge der drastischen Strafzoll-Ankündigungen aus den USA ist an den Märkten vor allem eines zu spüren: Unsicherheit. Viele Qualitätsaktien wurden in Sippenhaft genommen und notieren nun deutlich unter ihren Höchstständen. Die Situation ist aktuell unübersichtlich. Zunächst werden Zölle angekündigt, dann wieder ausgesetzt und Situation zwischen den USA und China eskaliert. Ingesamt ist fraglich, welche Auswirkungen die Zölle auf die Unternehmen haben werden. Zudem drohen Gegenmaßnahmen und nicht wenige rechnen nun mit einer Rezession in den USA.

Umso wichtiger ist es, auch diesen Monat sämtliche Werte auf unserer Watchlist durchzugehen. Dabei betrachten wir die Kursbewegungen im Verhältnis zu unseren ermittelten fairen Werten und bewerten, inwieweit sich attraktive Einstiegsgelegenheiten abzeichnen. Unser Fokus liegt auf qualitativ hochwertigen Unternehmen, die langfristiges Wachstumspotenzial bieten und zu einem fairen Preis gehandelt werden. Werfen wir also einen detaillierten Blick auf unsere Selektion und evaluieren, welche Werte besonders interessant erscheinen.

So wird der Faire Wert berechnet

Alle Aktien auf unserer Watchlist habe ich bereits ausführlich analysiert. Die entsprechenden Artikel findet ihr auf dem Blog. Ein entscheidender Punkt, ob eine gute Aktie auch kaufenswert wird, ist die Bewertung, also die Frage nach dem fairen Wert der Aktie. Diesen errechne ich für jedes Unternehmen wiefolgt:

1. Fundamentale Scorecard:Im ersten Schritt wird ermittelt, welche Punktzahl das Unternehmen in unserer Scorecard erhält. Hier sind maximal 20 Punkte möglich. Für jeden fehlenden Punkt erhöht sich die Sicherheitsmarge um 1%.
2. Bestimmung des fairen Kurs-Gewinn-Verhältnisses: Hier schaue ich auf das aktuelle Gewinnmultiple und vergleich dieses mit der historischen Bewertung der letzten 5 Jahre. Zudem schaue ich mir an, mit welchen KGVs vergleichbare Unternehmen bewertet werden.
3. Gewinnprognosen: Die erwarteten Gewinne (EPS) und Dividenden (DPS) pro Aktie entnehme ich den aktuellen Analystenschätzungen.
4. Diskontierung: Zur Bewertung zukünftiger Gewinne verwende ich einen Abzinsungssatz von 10 %, um den Zeitwert des Geldes zu berücksichtigen. Bei riskanteren Werten passe ich den Satz ggf. nochmals an.

Visa Inc

Visa ist der führende Zahlungsdienstleister weltweit und profitiert nachhaltig vom globalen Trend zur bargeldlosen Gesellschaft. Dank enormer Skalierbarkeit, hoher Gewinnmargen und eines nahezu unangreifbaren Geschäftsmodells zählt Visa zu den verlässlichsten Wachstumsunternehmen überhaupt – ein Paradebeispiel für einen echten Compounder. Die jüngsten Kursrückgänge erscheinen vor diesem Hintergrund kaum mehr als eine Randnotiz, selbst wenn die US-Wirtschaft im Zuge protektionistischer Trump-Rhetorik vorübergehend ins Schlingern geraten sollte.

Visa erreicht beeindruckende 19 von 20 Punkten in unserer Scorecard – ein klares Indiz für die außergewöhnliche Qualität des Unternehmens. Auf Basis der aktuellen Schätzungen liegt der faire Wert bei rund 325 US-Dollar, was der Aktie ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis verleiht. Ein exzellent geführtes Unternehmen zu einem vernünftigen Preis – das macht Visa derzeit besonders interessant.

ASML

ASML ist das Rückgrat der modernen Halbleiterindustrie und profitiert direkt vom Siegeszug immer leistungsfähigerer Chips. Mit seiner marktbeherrschenden Stellung bei EUV-Lithografiesystemen, gewaltigen technologischen Eintrittsbarrieren und langfristig sprudelnden Margen zählt ASML zu den herausragendsten Wachstumswerten Europas – ein Musterbeispiel für strukturelle Stärke und unternehmerische Exzellenz. Zwar steht die Aktie derzeit unter Druck, nicht zuletzt wegen konjunktureller Sorgen und kurzfristig schwächerer Auftragszahlen. Die Halbleiterbranche ist zyklisch und Anleger befürchten, dass in Zeiten einer Rezession keine neuen Maschinen bei ASML geordert werden. Langfristig bleiben die Produkte aus meiner Sicht aber unverzichtbar. Hinzu kommen planbare Erlöse aus dem Wartungsgeschäft.

ASML erreicht gute 14 von 20 Punkten in der Scorecard – ein Ausdruck der exzellenten fundamentalen Qualität. Besonders hervorzuheben sind das starke Umsatz- und Gewinnwachstum, eine hohe Eigenkapitalrendite sowie beeindruckende Margen und Cashflows. Die Bilanz ist mit einem Net Debt/EBIT von -0,73 geradezu schuldenfrei. Lediglich bei den Trend Kennzahlen muss ASML Federn lassen.

Zur Ermittlung des fairen Werts habe ich das Bewertungsniveau vorsichtig angepasst und das KGV konservativ auf das aktuelle Niveau von rund 24 gesenkt – eine zusätzliche Sicherheitsmarge ist damit bereits einkalkuliert. In meiner ursprünglichen Analyse hatte ich das faire KGV noch mit 32 angesetzt. Mit dieser Reduktion trage ich der veränderten Situation Rechnung. Ich gehe lieber konservativ an die Bewertung und lasse mich gerne später positiv überraschen.

Daraus ergibt sich ein fairer Wert von 608 EUR und ein potenzieller Kursaufschlag von rund 5 %. Auch wenn kurzfristig weitere Rücksetzer nicht ausgeschlossen sind, bleibt die Aktie langfristig hochattraktiv.

UnitedHealth

UnitedHealth Group zählt zu den stabilsten Schwergewichten im US-Gesundheitssektor – und überzeugt mit einem ebenso robusten wie wachstumsstarken Geschäftsmodell. Als vertikal integrierter Gesundheitskonzern vereint UNH Versicherungsgeschäft, Versorgungsleistungen und Datenanalyse unter einem Dach und profitiert dadurch von enormen Synergien, hoher Effizienz und stetiger Nachfrage. Während viele andere Titel im Zuge des jüngsten Abverkaufs deutlich Federn lassen mussten, zeigte sich die Aktie von UnitedHealth bemerkenswert widerstandsfähig – und legte sogar leicht zu. Ein Zeichen von Stärke, das einmal mehr die defensive Qualität und Attraktivität dieses langfristig orientierten Compounders unterstreicht.

UnitedHealth punktet mit beeindruckender Stabilität: Sowohl Umsatz- als auch EBIT-Entwicklung zeigen über Jahre hinweg eine hohe Verlässlichkeit. Das Unternehmen liefert solide Wachstumsraten bei Umsatz, EBIT und Free Cashflow – bei gleichzeitig hoher Kapitalrendite und ausgeprägter Gewinnkontinuität. Auch die Bewertung wirkt angesichts eines moderaten KGVs und starker operativer Kennzahlen durchaus attraktiv.

Auf Basis eines konservativ angesetzten fairen KGVs von 20 und einem Diskontsatz von 12 % ergibt sich für die UnitedHealth Group ein fairer Wert von rund 51 6 USD je Aktie. Damit liegt der aktuelle Kurs doch etwas deutlicher über unserem ermittelten Wert, was in einem negativen Potenzial von etwa -14 % resultiert. Dennoch spricht die fundamentale Stärke des Unternehmens für eine langfristig stabile Entwicklung.

Fazit

Visa, ASML und UnitedHealth Group sind drei erstklassige Unternehmen mit starken Geschäftsmodellen, die in ihren jeweiligen Branchen führend sind. Während Visa vom weltweiten Trend zur bargeldlosen Zahlung profitiert und sich als verlässlicher Wachstumswert präsentiert, bleibt ASML als Schlüsselakteur in der Halbleiterindustrie langfristig attraktiv – trotz aktueller Marktsorgen. UnitedHealth wiederum überzeugt durch bemerkenswerte Stabilität im Gesundheitssektor und hat sich auch im jüngsten Marktumfeld ausgesprochen robust gezeigt. Von diesen drei Aktien erscheint ASML derzeit sehr attraktiv bewertet zu sein.

Disclaimer

Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung oder Kaufempfehlung dar. Es handelt sich lediglich um meine persönlichen Gedanken und Analysen. Jeder Investor sollte seine eigene Recherche betreiben und individuell abwägen, ob eine Investition zu seiner persönlichen Strategie passt. Vergangene Wertentwicklungen sind keine Garantie für zukünftige Ergebnisse. Investieren erfolgt stets auf eigenes Risiko.